Rezension Ein ungezähmtes Tier - Joel Dicker -

 

Rezension Ein ungezähmtes Tier

- Joel Dicker -

 
Ein schillerndes Ehepaar und ein raffinierter Juwelenraub!
 
 


Titel: Ein ungezähmtes Tier
Autor: Joel Dicker
Verlag: Piper Verlag
Übersetzung: Michaela Meßner, Amelie Thoma
Erscheinungstag: 27.02.2025
Seitenzahl: 432 Seiten
Format: Hard Cover
Stand alone 
 

Inhalt:

2. Juli 2022: In Genf bereiten zwei Einbrecher den Überfall auf einen Juwelier vor. Doch dieser Raub ist alles andere als zufälliges Verbrechen ...

Fünf Tage zuvor plant Sophie Braun ein großes Fest anlässlich ihres 40. Geburtstags. Sie lebt mit ihrer Familie in einem großzügigen Haus am Genfer See, das Leben scheint ihr zuzulächeln. Aber die Idylle trügt. Denn ihr Ehemann ist offenbar in kriminelle Machenschaften verstrickt. Ihr Nachbar, ein vermeintlich untadeliger Polizist, spioniert die intimsten Winkel ihres Lebens aus. Und dann offeriert ihr ein Unbekannter ein Geschenk, das sie tief erschüttern wird.

Was verbirgt sich hinter der schillernden Fassade des privilegierten Paars? Und was verbindet sie mit dem raffinierten Juwelenraub?

Meinung:
 

Vor Erscheinen des Buches habe ich mir die Leseprobe durchgelesen und war sofort drin. Ich war so neugierig, was um Sophie und ihre Familie geschieht, genauso wie lange Greg die Fassade vor seiner Familie noch aufrecht erhalten kann. Anfänglich spielt der Raubüberfall auch überhaupt keine Rolle, aber je näher das Ereignis rückt, desto spannender wird es.
 
Wir befinden uns in Genf und lernen 2 Familien kennen. Einmal Sophie mit ihrem Mann Arpad und den Kindern.... Sie führen ein gehobeneres und doch sehr strukturiertes Leben und ergänzen sich augenscheinlich perfekt. Ihr Alltag ist geprägt von Routinen und die funktionieren hervorragend und lassen die Liebe der beiden auch nicht untergehen. Die andere Familie ist Greg mit seiner Frau Karin und den beiden Söhnen.... Hier herrscht für mich das pure Chaos. Die beiden Jungs und der Hund kommen zu kurz, beide sind immer lange arbeiten um sich ihren Lebensstandard zu leisten und das Kindermädchen hätte nicht schlechter gewählt sein können. Greg geht immer mit dem Familienhund Sandy laufen, um den Kopf frei zu bekommen, aber in Wirklichkeit schleicht er um das Haus von Sophie und spannt, was das Zeug hält.
 
Beide Ehen könnten nicht gegensätzlicher dargestellt werden und trotzdem gibt die anfängliche Fassade schnell nach und erste Probleme bröckeln an dem Glanz. Beide Versionen sind für mich etwas überzeichnet dargestellt und frisch aus der Schublade geholt. Man hat hier Klischees einer reichen Femme fatal, einem unterdrückten Mann, der seinen Frust anderweitig abbaut, eine Kollegin, die sich viel zu schnell frei macht und einem Ehemann, der sich von alles in seiner Männlichkeit bedroht fühlt, was seine Frau macht, um nur wenige Schubladen aufzumachen... Hier hat man nicht viel an Realität, die einem geboten wird, sondern es driftet immer mehr in eine völlig unrealistische Soap ab, die gefühlt nicht mehr zeitgemäß ist. Im Laufe der Geschichte lernen wir auch die 4 Hauptpersonen näher kennen und können manche Gründe nachvollziehen, aber eben nur wenn es ein Film à la Hollywood wäre. Natürlich ist es recht überspitzt dargestellt und gewisse Zufälle wirken fast schon überkonstruiert auf mich. 
 
 Dazu kommt noch ein sehr hölzerner und statischer Schreibstil und die Personen bleiben den kompletten Inhalt sehr oberflächlich und flach dargestellt. Die vielen Wendungen waren auch nicht wie gewohnt rätselhaft verpackt, sondern wenn man einmal bei den guten alten Klischees gelandet war, hat sich alles sehr vorhersehbar gefügt. Viele kitschige und plumpe Formulierungen machen es da leider auch nicht besser und das hat mich überrascht, da ich von Joel Dicker einen schönen, erzählerischen Stil gewohnt bin. Die vielen Zeit- und Ortssprünge machen das Ganze auch nicht einfacher. Man wird ständig mit irgendwelchen Zeitangaben "verwirrt" und irgendwann habe ich das rechnen auf dem Zeitstrahl aufgegeben und nur noch in vor oder nach dem jetzigen Geschehen gedacht. Man hofft durch die Vergangenheit lernt man Sophie und Arpad besser kennen, aber ging mir nicht so. Bis zum Ende hin fand ich die komplette Handlung sehr plakativ und überzogen. Das Ende fand ich mit Abstand am nervigsten. Alles wurde ständig wiederholt, jeder Erläuterung minutiös erklärt und auch nichts war daran überraschend. Die Figuren waren mir bis zum Ende hin verlogen, gestellt und unsympathisch und wirklich Mitleid oder Mitgefühl hatte ich mit niemanden.
 
Der Kriminalfall, der in dem Raubüberfall seinen Höhepunkt finden soll, ist eher Randbemerkung, hat aber die Spannung aufrecht erhalten. Es gab Stellen, da habe ich gern in dem Buch gelesen und man kommt recht fix voran, aber einen bleibenden Eindruck wird es mir nicht hinterlassen. Zusammenfassend also ein schwacher Band, aber es gab schon wesentlich Bessere und das lässt die Hoffnung auf das nächste Werk hochhalten.
 


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